30. Mai 2024

Startups im AI-Boom: Innovationen an den startup days

Für Perspektiven sorgte bereits die Location: Hoch über der Berner Altstadt versammelten sich an den startup days im Kursaal Bern über 1300 Teilnehmende aus dem Start-up Ökosystem. Jährlich bringt dieses Familientreffen der Schweizer Startup Szene Gründer, Investoren und Experten zusammen und fördert Vernetzung und Ideenaustausch zwischen Forschung und Industrie.

Dieses Jahr stand die Konferenz ganz unter dem Zeichen der Entwicklung Künstlicher Intelligenz (AI) und aktuell einmaligen Marktchancen. Zur Eröffnung legte AI-Pionier Stuart Russell in einem packenden Referat Kernprobleme und Perspektiven in der Entwicklung intelligenter Systeme dar. Kurz zuvor hatte er am UN-Gipfel in Genf mit Staatschefs über AI Governance debattiert.

Kluges Engineering und Regulierung sieht Russell als Voraussetzung, dass die Menschheit die Kontrolle über ihre Schöpfung behält und ihr enormes Potenzial nutzen kann. Im Moment scheint es eher, dass wir denselben Fehler begehen wie bei Internet und Social Media: Technologien fluteten den Markt, bevor Risiken wie Manipulation durch Algorithmen oder Sicherheitslücken reguliert wurden. «Wir müssen sichere AI bauen», fordert Russell deshalb in seiner Eröffnungsrede. «Nicht erst die AI bauen und dann versuchen, sie sicher zu machen.»

Es ist der Spagat zwischen der sicheren Entwicklung von Systemen, die Zeit und Ressourcen braucht, und der Dynamik eines neuen Markts. Neben grundlegenden Gedanken zum Umgang mit AI boten die startup days den Teilnehmenden reichlich Gelegenheit, sich zu vernetzen und Inputs zur Unternehmensentwicklung zu erhalten. Dies in über 50 Sessions mit 140 Speakern, 750 1:1-Meetings zwischen Startups und Investoren, einem Marktplatz mit über 30 Ausstellern und Programm auf zwei Bühnen.

Der Mehrwert ist für die Teilnehmer greifbar. «Wir können uns hier direkt vernetzen», sagt Startup-Gründer Dereck Gibeyo.  «Normalerweise müssen wir Tausende Mails versenden, bevor wir einen Investor erreichen. Ausserdem kriegen wir Inputs, die uns sofort weiterbringen.»

Zum Beispiel von arrivierten Foundern, die auf der Unplugged Stage von Pleiten auf dem Weg zum Erfolg berichten. Wie Philip Bucher, Gründer und CEO der Chopfab Boxer AG. Durch rasantes Wachstum und die Pandemie geriet die Brauerei in finanzielle Schieflage. «Wir hätten schneller reagieren und handeln müssen», resümiert Bucher. Eines von mehreren Fazits, dem das Publikum vor der Bühne mit Wohnzimmerflair aufmerksam lauscht. Heiko Trautwein, Board Member der Entrepreneurs’ Organization, gefällt das Format: «Es ist ein offenes und persönliches Sharing von grossen Foundern, die ebenfalls scheitern können.» Nach Fragen aus dem Publikum gibt Bucher noch einen letzten Tipp: «Holt die besten Cracks eurer Branche ins Boot!»

Die besten Cracks, das ist ein zentrales Thema im Bereich AI. In dem jungen, florierenden Markt sind Talente rar und hochbegehrt. Wer sich als AI-Startup positionieren will, braucht Experten – natürlich für AI-Technologie, aber auch für Marketing und Betriebswirtschaft. Ein gutes Team ist essenziell.

Das Rennen um die besten Talente ist längst in vollem Gange. Die Schweiz muss achtgeben, dass sie im internationalen Wettbewerb nicht abgehängt wird. So widmet sich denn auch das Roundtable mit Bundesrat Guy Parmelin der Frage: Wie kann die Schweiz weltweit eine Vorreiterrolle übernehmen im Kontext AI? An der geschlossenen Veranstaltung gaben vierzehn Experten ihre Einschätzung zum Status quo und welche Massnahmen nötig sind. Fazit: Die Schweiz verfügt über Talente und wichtige Infrastruktur wie spezialisierte Forschungszentren. Der ETH-Supercomputer «Alps» in Lugano kann mit den grössten Playern der Welt mithalten. Doch Investoren – auch von staatlicher Seite – müssen mutiger werden. In den USA wird AI-Forschung mit einem Milliarden-Volumen unterstützt, in der Schweiz sind es wenige Millionen. Ändern müssen sich auch Bürokratiehürden bei der Anwerbung ausländischer Talente.

Bundesrat Guy Parmelin schätzt den Austausch. Die Anliegen der Experten wird er ins Bundeshaus mitnehmen. Unbestritten wertvoll sind für ihn auch die Gründer, die an den Startup Days zusammenkommen: «Vielleicht entwickeln sie die Technologien von morgen. Alle Innovationen, die wir in den Alltag übertragen können, sind Investitionen in die Zukunft.» Jungunternehmern rät Parmelin: «Wenn Sie gute Ideen haben, dann haben Sie den Mut, diese umzusetzen.»

Dass die Schweiz Talente fördern muss, findet auch EPFL Ambassador Martin Rajman. Er ist Teil der Swiss AI Initiative, die von ETH und EPFL lanciert wurde. Die Initiative will Player aus Wissenschaft, Industrie und Politik verknüpfen, um die Schweiz als führendes Land in der AI-Forschung zu positionieren und ihre digitale Souveränität zu schützen. Dazu gehört beispielsweise die Entwicklung eigener Large-Language-Modelle (LLMs). Daneben behandelt die Initiative weitere Fragen: Wie arbeiten Mensch und KI zusammen? Welche Rahmenbedingungen braucht es im Hinblick auf Ethik, Datenschutz und Sicherheit?

Auf der AI Stage zeigt sich Rajman zuversichtlich: »Wir leben in einer aussergewöhnlichen Zeit mit grossen Chancen. Der Zug ist noch nicht abgefahren. Noch können wir beeinflussen, was passieren wird.« Doch die Zeit drängt: Die Industrie und damit innovative Startups müssen der Forschung ihre Bedürfnisse mitteilen. Die Chance der Schweiz sieht Rajman in spezialisierten LLMs, zum Beispiel in der Gesundheitsbranche.

Ob man auf der AI Stage die Herausforderungen der AI-Entwicklung bespricht oder lieber in einem Workshop brainstormt, wie man Grossinvestoren gewinnt: Die startup fays boten mannigfache Gelegenheiten, Wissen zu bunkern und Kontakte zu knüpfen. Rings um die startup days fanden zudem weitere Veranstaltungen statt. Am Vortag trafen sich 120 weibliche Founder zum Collective Gathering zum Erfahrungsaustausch, über 250 geladene Gäste nahmen am Secret Launch teil, einem stimmungsvollen Netzwerkanlass an geheimer Location.

Auch Isabel Siegrist, Gründerin von Sandborn, nimmt viel mit: «An den startup days kommen alle Menschen aus dem Schweizer Ökosystem zusammen. Ich erfahre, wie der Status Quo ist und wie man die Schweiz zu einem besseren Startup-Land macht.»

Weitere Startups stehen schon in den Startlöchern. Im Format Youngsters durften sich 18 vielversprechende Early-seed-Unternehmen vorstellen. «First seen at SUD» ist das Motto: Sie haben sich noch auf keiner anderen Bühne präsentiert und sind damit die verborgenen Juwelen der Startup Szene. Man darf gespannt sein, wo sie 2025 stehen, wenn es wieder heisst: «Welcome to Startup Days!»

 

Die nächsten startup days finden am 14. Mai 2025 im Kursaal in Bern statt.

30. Mai 2024

Startups im AI-Boom: Innovationen an den startup days

Für Perspektiven sorgte bereits die Location: Hoch über der Berner Altstadt versammelten sich an den startup days im Kursaal Bern über 1300 Teilnehmende aus dem Start-up Ökosystem. Jährlich bringt dieses Familientreffen der Schweizer Startup Szene Gründer, Investoren und Experten zusammen und fördert Vernetzung und Ideenaustausch zwischen Forschung und Industrie.

Dieses Jahr stand die Konferenz ganz unter dem Zeichen der Entwicklung Künstlicher Intelligenz (AI) und aktuell einmaligen Marktchancen. Zur Eröffnung legte AI-Pionier Stuart Russell in einem packenden Referat Kernprobleme und Perspektiven in der Entwicklung intelligenter Systeme dar. Kurz zuvor hatte er am UN-Gipfel in Genf mit Staatschefs über AI Governance debattiert.

Kluges Engineering und Regulierung sieht Russell als Voraussetzung, dass die Menschheit die Kontrolle über ihre Schöpfung behält und ihr enormes Potenzial nutzen kann. Im Moment scheint es eher, dass wir denselben Fehler begehen wie bei Internet und Social Media: Technologien fluteten den Markt, bevor Risiken wie Manipulation durch Algorithmen oder Sicherheitslücken reguliert wurden. «Wir müssen sichere AI bauen», fordert Russell deshalb in seiner Eröffnungsrede. «Nicht erst die AI bauen und dann versuchen, sie sicher zu machen.»

Es ist der Spagat zwischen der sicheren Entwicklung von Systemen, die Zeit und Ressourcen braucht, und der Dynamik eines neuen Markts. Neben grundlegenden Gedanken zum Umgang mit AI boten die startup days den Teilnehmenden reichlich Gelegenheit, sich zu vernetzen und Inputs zur Unternehmensentwicklung zu erhalten. Dies in über 50 Sessions mit 140 Speakern, 750 1:1-Meetings zwischen Startups und Investoren, einem Marktplatz mit über 30 Ausstellern und Programm auf zwei Bühnen.

Der Mehrwert ist für die Teilnehmer greifbar. «Wir können uns hier direkt vernetzen», sagt Startup-Gründer Dereck Gibeyo.  «Normalerweise müssen wir Tausende Mails versenden, bevor wir einen Investor erreichen. Ausserdem kriegen wir Inputs, die uns sofort weiterbringen.»

Zum Beispiel von arrivierten Foundern, die auf der Unplugged Stage von Pleiten auf dem Weg zum Erfolg berichten. Wie Philip Bucher, Gründer und CEO der Chopfab Boxer AG. Durch rasantes Wachstum und die Pandemie geriet die Brauerei in finanzielle Schieflage. «Wir hätten schneller reagieren und handeln müssen», resümiert Bucher. Eines von mehreren Fazits, dem das Publikum vor der Bühne mit Wohnzimmerflair aufmerksam lauscht. Heiko Trautwein, Board Member der Entrepreneurs’ Organization, gefällt das Format: «Es ist ein offenes und persönliches Sharing von grossen Foundern, die ebenfalls scheitern können.» Nach Fragen aus dem Publikum gibt Bucher noch einen letzten Tipp: «Holt die besten Cracks eurer Branche ins Boot!»

Die besten Cracks, das ist ein zentrales Thema im Bereich AI. In dem jungen, florierenden Markt sind Talente rar und hochbegehrt. Wer sich als AI-Startup positionieren will, braucht Experten – natürlich für AI-Technologie, aber auch für Marketing und Betriebswirtschaft. Ein gutes Team ist essenziell.

Das Rennen um die besten Talente ist längst in vollem Gange. Die Schweiz muss achtgeben, dass sie im internationalen Wettbewerb nicht abgehängt wird. So widmet sich denn auch das Roundtable mit Bundesrat Guy Parmelin der Frage: Wie kann die Schweiz weltweit eine Vorreiterrolle übernehmen im Kontext AI? An der geschlossenen Veranstaltung gaben vierzehn Experten ihre Einschätzung zum Status quo und welche Massnahmen nötig sind. Fazit: Die Schweiz verfügt über Talente und wichtige Infrastruktur wie spezialisierte Forschungszentren. Der ETH-Supercomputer «Alps» in Lugano kann mit den grössten Playern der Welt mithalten. Doch Investoren – auch von staatlicher Seite – müssen mutiger werden. In den USA wird AI-Forschung mit einem Milliarden-Volumen unterstützt, in der Schweiz sind es wenige Millionen. Ändern müssen sich auch Bürokratiehürden bei der Anwerbung ausländischer Talente.

Bundesrat Guy Parmelin schätzt den Austausch. Die Anliegen der Experten wird er ins Bundeshaus mitnehmen. Unbestritten wertvoll sind für ihn auch die Gründer, die an den Startup Days zusammenkommen: «Vielleicht entwickeln sie die Technologien von morgen. Alle Innovationen, die wir in den Alltag übertragen können, sind Investitionen in die Zukunft.» Jungunternehmern rät Parmelin: «Wenn Sie gute Ideen haben, dann haben Sie den Mut, diese umzusetzen.»

Dass die Schweiz Talente fördern muss, findet auch EPFL Ambassador Martin Rajman. Er ist Teil der Swiss AI Initiative, die von ETH und EPFL lanciert wurde. Die Initiative will Player aus Wissenschaft, Industrie und Politik verknüpfen, um die Schweiz als führendes Land in der AI-Forschung zu positionieren und ihre digitale Souveränität zu schützen. Dazu gehört beispielsweise die Entwicklung eigener Large-Language-Modelle (LLMs). Daneben behandelt die Initiative weitere Fragen: Wie arbeiten Mensch und KI zusammen? Welche Rahmenbedingungen braucht es im Hinblick auf Ethik, Datenschutz und Sicherheit?

Auf der AI Stage zeigt sich Rajman zuversichtlich: »Wir leben in einer aussergewöhnlichen Zeit mit grossen Chancen. Der Zug ist noch nicht abgefahren. Noch können wir beeinflussen, was passieren wird.« Doch die Zeit drängt: Die Industrie und damit innovative Startups müssen der Forschung ihre Bedürfnisse mitteilen. Die Chance der Schweiz sieht Rajman in spezialisierten LLMs, zum Beispiel in der Gesundheitsbranche.

Ob man auf der AI Stage die Herausforderungen der AI-Entwicklung bespricht oder lieber in einem Workshop brainstormt, wie man Grossinvestoren gewinnt: Die startup fays boten mannigfache Gelegenheiten, Wissen zu bunkern und Kontakte zu knüpfen. Rings um die startup days fanden zudem weitere Veranstaltungen statt. Am Vortag trafen sich 120 weibliche Founder zum Collective Gathering zum Erfahrungsaustausch, über 250 geladene Gäste nahmen am Secret Launch teil, einem stimmungsvollen Netzwerkanlass an geheimer Location.

Auch Isabel Siegrist, Gründerin von Sandborn, nimmt viel mit: «An den startup days kommen alle Menschen aus dem Schweizer Ökosystem zusammen. Ich erfahre, wie der Status Quo ist und wie man die Schweiz zu einem besseren Startup-Land macht.»

Weitere Startups stehen schon in den Startlöchern. Im Format Youngsters durften sich 18 vielversprechende Early-seed-Unternehmen vorstellen. «First seen at SUD» ist das Motto: Sie haben sich noch auf keiner anderen Bühne präsentiert und sind damit die verborgenen Juwelen der Startup Szene. Man darf gespannt sein, wo sie 2025 stehen, wenn es wieder heisst: «Welcome to Startup Days!»

Die nächsten startup days finden am 14. Mai 2025 im Kursaal in Bern statt.

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